„Tschüss Alltag“ nennt Thomas Rentmeister seine erste Einzelausstellung bei der Kölner Galerie Hammelehle und Ahrens. Die Verabschiedung und das Verlassen des Alltags „sind stets mit Umwegen, ...
Missverständnissen und Verwicklungen verbunden. Solche Komplikationen mag Thomas Rentmeister nicht sonderlich. Seine Kunst gewinnt ihre Präsenz daraus, dass sie da ist: einfach, klar und schlicht. Sie verweist auf den ersten Blick nicht auf etwas Abwesendes, sondern gewinnt ihren Wert aus der Anwesenheit von Materialien, austarierten Größen- und Kräfteverhältnissen und einem nicht anders als selbstverständlich zu nennenden Gewordensein.“, so Anette Tiedenberg in ihrer Eröffnungsrede zu Rentmeisters Austellung „Hostal“ in der Städtischen Galerie Delmenhorst.
Rentmeisters „Eisenmatratze“ ist zweifellos keine Neuschöpfung des Künstlers, sondern eine komplexe mechanische Verdopplung dessen, was Thomas Rentmeister vorgefunden hat; hier eine Kindermatratze, deren Form er durch das Verfahren des Eisengusses reproduziert hat – wodurch er – paradox genug – das Massenprodukt Matratze in ein Unikat verwandelte. Das sieht einfach aus, ist es aber nicht. Der Guss setzt Form und Gegenform zueinander in Beziehung, verkehrt Positiv in Negativ, übersetzt Hohlraum in Volumen, transformiert weichen, flexiblen Schaumstoff in hartes, unnachgiebiges Metall. Zudem setzt Thomas Rentmeister eine Zeitverschiebung dadurch in Gang, dass er seiner Skulptur erlaubt, sich innerhalb weniger Tage eine rostrote Hülle zuzulegen. So entsteht der Eindruck, das, was er soeben produziert hat, sei bereits von Patina überzogen und somit ein historisch Gewordenes.
Das Behauste und das Unbehauste ist seit jeher ein Thema, das Thomas Rentmeister beschäftigt, und auch schon beschäftigt hat, als die Flüchtlingsthematik noch nicht zum Fokus der zeitgenössischen Kunst geworden war. „Hostal“, „Nahrung“, „A Product of Rest and Unrest“, „Normaltag“, „Leben auf dem Lande“ und „Zwischenlandung“, so lauten die sprechenden Titel seiner Einzelausstellungen. Die Fremdheit, die ins Leben Einzug hält, ist nicht an tagespolitische Ereignisse gebunden. Beklemmend wirkt die Skulptur „Hostal“, ein hochbettartiges Gebilde in dem auf Stahlplatten Anhäufungen aus Nutella und Penatencreme zusammen mit einer glasierten Keramik arrangiert sind. Eine Irritation, die durch den Geruch von Nutella und Penatencreme noch gesteigert wird. Kaum jemand kommt umhin, das Bett als Metapher für den menschlichen Körper zu lesen. Es ist ein existentieller Ort des Menschen.
Bei Thomas Rentmeisters unbetitelter gusseiserner Wandarbeit lassen die „Blips“ von Richard Artschwager von Ferne grüßen, während „ohne Titel (Komma)“, eine Konstruktion aus weiß gestrichenen und dunkel gebeizten Holzlatten, die ein Element aus Gusseisen in sich birgt, in ihrer Konkretheit eine Hommage an die Russischen Konstruktivisten darstellt. Zwar gibt es diverse Anknüpfungspunkte an die Minimal Art, doch belässt es Thomas Rentmeister nicht dabei. So ist ihm, wie es scheint, die der Minimal Art inhärente heroische Geste des Bildhauers, der sich, Prometheus gleich, der Fesseln der Schwerkraft entledigt und die Parameter von Raum und Zeit eigenmächtig festlegt, suspekt. Vielmehr greift er stets auf Gefundenes zurück – und damit auf etwas, dem Historizität und Gewordensein bereits innewohnen. Vom Finden und Gefundenwerden handeln seine skulpturalen Versuchsanordnungen.